Ingo Scheulen hat in dem Magazin „arbeitsmarkt“, herausgegeben vom Wissenschaftsladen Bonn e.V. einen Artikel zum Thema „Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft“ veröffentlicht.
Wenn es um Nachhaltigkeit geht, denken die meisten Menschen nicht in erster Linie an Geld. Aber mit Geld wird vieles bewegt, zum Guten und zum Schlechten.
In der Vergangenheit waren ethische, ökologische und soziale Belange in der Geldanlage eher ein Randthema, mit denen sich nur wenige Akteure eingehender befasst haben. Rentabilität, Verfügbarkeit und Risikostreuung standen im Vordergrund. Dies ist heute bei
den meisten immer noch so. Erst wenn Skandale oder Umweltkatastrophen in die Schlagzeilen geraten, kommt die Frage auf, ob man selbst oder die anvertrauten Gelder damit zu tun haben.
Nachhaltigkeit hat keinen negativen Einfluss auf die Rendite
Allzu oft wird argumentiert, man dürfe durch strenge ethische Vorgaben sein Anlageuniversum nicht zu sehr einschränken. Ohnedies ginge eine konsequente Verfolgung von Aspekten der Nachhaltigkeit zu Lasten der Rendite.
Inzwischen haben mehrere unabhängige Untersuchungen bestätigt, dass die Beachtung ökologischer, sozialer und ethischer Kriterien keineswegs geringere Erträge beschert. Im Gegenteil, einige Studien kommen sogar zu dem Ergebnis, dass die Nichtbeachtung solcher Gesichtspunkte die Anlagerisiken auf lange Sicht deutlich erhöht. Die blanke Gier nach Superprofiten erhöht nicht nur die möglichen und tatsächlichen Kosten (Beseitigung von Umweltschäden, Strafzahlungen wegen Korruption). Auch der Markenwert kann durch Verlust an Reputation sinken.
Mehr als Nettigkeit oder „Nicetohave“
Mehr und umfassender als jemals in der Geschichte beeinflusst der Umgang mit Geld unsere Gegenwart und unsere weitere Zukunft. Die Ressourcen dieser Erde sind bekanntlich nicht unerschöpflich. Berechnet man allein die wesentlichen
Rohstoffe, die wir dem Boden, dem Wasser und der Natur entnehmen,
so verbrauchen die 7,1 Milliarden Menschen derzeit 1,4 Planeten. Das heißt,
irgendwann ist Schluss. Und vorher gibt es Verteuerungen, Elend und Verteilungskriege.
Wir wissen (jedenfalls können wir es wissen), dass wir in eine höchst ungewisse Zukunft gehen, wenn wir die globale Erwärmung nicht begrenzen. Das Zeitfenster dafür ist klein und wird täglich kleiner. Deshalb müssen die oben angerissenen
Fragen Bestandteil werden in der Ausbildung zum Geldexperten, sei
es als Finanzfachwirt/in, Versicherungsfachmann/ frau, Finanzberater/in, Financial
Planner, Investor, Börsenhändler oder Banker.
Wann genau ist Geld „nachhaltig“?
Ein Problem besteht allerdings darin herauszufinden, was die jeweiligen Fondsgesellschaften und -manager unter Nachhaltigkeit verstehen.
Im Juni präsentierte das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) eine so genannte
Nachhaltigkeitsmatrix und ein Nachhaltigkeitsprofil für offene Investmentfonds.
In letzter Zeit wird der Ruf nach einem Label oder einem Gütesiegel für nachhaltige
Geldanlagen lauter. Es ist naturgemäß schwierig bis unmöglich, komplexe
Sachverhalte auf einfache Labels herunterzubrechen.
In der Diskussion zeichnet sich ab, dass man sich auf bestimmte Mindeststandards verständigen sollte, ähnlich dem Bio-Siegel der EU für Lebensmittel.
Dieser Prozess müsste politisch organisiert und geregelt werden,
damit am Ende etwas Verbindliches herauskommt. Außerdem muss er nach und
nach sämtliche Finanzprodukte umfassen, also Bankanlagen, offene und geschlossene
Fonds, festverzinsliche Anleihen und Kapitalversicherungen.
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